Ihren Haaren durfte ich aber jeden Samstag trotzdem den letzten Schliff verpassen. Das lief folgendermaßen ab. Wenn ich nach oben kam, hatte meine Omma bereits alles vorbereitet. Im Badezimmer lag ein braun-orange-gestreiftes Frotteetuch im Waschbecken.
Hierauf hatte meine Oma den Badezimmerspiegel platziert, der sonst über dem Waschbecken hing. Vor dem Spiegel lagen farblich sortiert bereits Lockenwickler, Stielkamm und Haarnadeln. Vor dem Waschbecken stand ein Küchenstuhl. Die Haare frisch gewaschen, mit jeder Menge Haarfestiger versehen, nahm meine Omma Platz, ich band ihr einen dieser kleinen grünen Frisierumhänge mit gewellten Spitzen um und dann ging es los.
Nach einem festgelegten Ritual zog ich links und rechts von der Schädelmitte zwei kerzengerade Scheitel. Meine Omma kontrollierte alles im Spiegel und oft dauerte das Scheiteln fast länger als das Eindrehen der Haare. Dann wurde vorne mit dem Stielkamm die erste Strähne abgetrennt. Nicht zu breit und nicht zu schmal. Ich begann mit den roten Lockenwicklern: abtrennen, eindrehen, feststecken. Natürlich nur mit den Haarnadeln mit den roten Köpfchen. Dann ab Mitte Hinterkopf ging es mit den grünen Wicklern weiter. Die waren ein wenig dicker als die roten. Festgesteckt – natürlich – mit den grünen Nadeln. Für die Seiten nahm ich dann die lilafarbenen Wickler, die auch noch eine andere Größe hatten.
Am Ende des Verhörs saßen die Haare aufgewickelt stramm am Kopf. Ich bewundere noch heute meine Omma, dass sie diese schmerzhafte Prozedur jede Woche klaglos über sich ergehen ließ. Heutzutage läuft sowas unter Lifting.
Haare schön! |
Foto Lockenwickler: ©jackmac34/pixabay
Wunderbar. Liest sich wieder so, als wäre ich dabei gewesen. Ich wusste gar nicht, dass Annemarie Renger deine Oma war. :-)))
Meine Omma wohnte nicht in unserem Ort, sonst hätte ich mir vielleicht auch so das Taschengeld aufgebessert. Meine Tante drehte ihrer Mutter die Haare auf und manchmal (4 x im Jahr) ging sie zum Friseur. Wenn Sie bei uns zu Besuch war, knallte sie sich jeden Morgen eine halbe Flasche Elnett ins Haar. Weil das furchtbar stank, versteckten mein Bruder und ich uns unter der Bettdecke.
Aber solchen Verhören wie denen deiner Omma musste ich mich nicht unterziehen lassen.
Jott sei Dank!
Ah, Du hast den Post schon entdeckt! Danke lieber P. aus O. ;-). Fortsetzung kommt!
Aber sowatt von geil……
Ganz lieben Gruß, Peter H. aus O.