Wenn ein ewig verfressener Kater, der für einen Happen Lachs oder rohe Pute früher fast durch einen Feuerreifen gesprungen wäre, plötzlich keinen Appetit mehr hat, weiß der Verstand Bescheid. Nur das Herz weigert sich.
Hobbit kam zu uns als ein vernachlässigtes, unterernährtes, traumatisiertes Bündel in Handgröße. Gerade mal fünf Wochen alt, an sich viel zu früh für die Abnabelung von der Mutter. Er hatte es schwer in den ersten Wochen. Wir päppelten ihn auf, trugen ihn in Merles altem Dydimos-Tuch herum, um ihm Körperwärme und Bewegung zu vermitteln. Eine Katzenmutter hätte ihn auch ständig abgeleckt, mit der Zunge sein Bäuchlein massiert und ihn immer wieder zum Trinken animiert.
Meine Nachbarin würde jetzt sagen: Es stand Spitz auf Knopf. Aber er war ein Kämpfer. Er hat sich berappelt. Und sich gegen seinen älteren Mitbewohner Sugar behauptet. Der verteidigte anfänglich hart sein Revier, seinen Anspruch auf Streicheleinheiten, auf Rumlungern auf der Treppe, auf den Fressnapf und auf Frauchens Schoß. Aber ziemlich schnell kamen sie miteinander klar. Der „Kurze“ war keine Konkurrenz mehr.
Futter war übrigens in jeder Form das Lockmittel schlechthin für Hobbit, der seinen Namen aufgrund seines ständigen Appetits und seines anfänglichen Miniformats von uns bekam. Manchmal nannten wir ihn auch liebevoll Dicker oder Fresssäckchen. Sein Gewicht schwankte zwischen aktivem Sommer mit viel Freigang und nächtelanger Mäusejagd und Winter mit trägem Heizungskuscheln und eher kurzen Ausflügen ins kalte Nasse um ein ganzes Kilogramm. Ich persönlich glaube aber, das war ausschließlich Muskelmasse. So wie bei mir. Muskeln sind ja bekanntlich schwerer als Fett.
Scheu war er anfangs und ließ er sich kaum anfassen, höchstens mal beim Spielen überrumpeln. Mit zunehmendem Alter wurde er schmusiger. Das Fell hinter seinen Ohren war weicher als alles, was ich kenne. Und geschnurrt hat er wie ein Weltmeister.
Im letzten Jahr bekam er plötzlich Bluthochdruck und erblindete langsam, drehte aber immer noch seine Runden durch sein Revier und balancierte sogar über unsere Markise und die der Nachbarn. Mutiger kleiner Kerl!
Noch drei Tage vor seinem Tod sprang er mir auf den Schoß. Es muss eine unglaubliche Kraft- und Willensanstrengung für ihn gewesen sein. Kämpfer halt. Bis zuletzt.
Und als Freigänger so freiheitsliebend, dass er die letzten Tage fast nur im Garten verbrachte, hinter der Hortensie oder im Blumentopf liegend.
Jetzt haben wir ihn auf seinem letzten Weg begleitet. Er fand ein schönes, sonniges Plätzchen neben seinem Kumpel Sugar bei uns im Garten. Wir werden ihn noch lange in liebevoller Erinnerung halten.
Mach’s gut, alter Muckelbär! Und grüß‘ Sugar von uns. Wir vermissen euch beide sehr.
Text und Fotos: Andrea Steffen
Oooh, das hat mich gerade echt gerissen, Andrea, tut mir so leid. Als Lulu plötzlich nicht mehr konnte, war das auch ziemlich schlimm und ich kann nachfühlen. Hübsches Kerlchen und was ein Glück mit dem Zuhause und seinen Menschen! Drücker!
Danke für deine empathischen Worte. Jeder, der ein Tier hat gehen lassen müssen, fühlt wohl ähnlich. Ich tröste mich auch damit, dass unser Leisetreter es gut bei uns hatte. Im Moment genießen die Nachbarskatzen ein paar mehr Streichelheiten mehr als sonst von uns ;-).
Tschüss Hobbit, großer Muckelbär und Kämfer, ich durfte dich zwar nur selten streicheln, bestimmt roch ich zu sehr nach Hunden, mochte dich und deinen Kumpel Sugar trotzdem. Liebe Grüße da drüben an alle Vierbeiner die ich so kannte, sie fehlen mir auch noch….deine Bine
Danke für deine Worte, liebe Bine. Anfangs war er wirklich scheu und flitzte sogar bis zuletzt noch weg, wenn die Haustürklingel ging. Aber mit zunehmendem Alter war er zutraulicher, ließ sich von unseren Nachbarn kraulen, auch von Menschen, die oft bei uns aus- und eingehen und sprang Weihnachten sogar meiner Mutter auf den Schoß. Ich denke, es war wie beim Menschen. Er ist altersmilde geworden.
eine rührende Erzählung einer schönen Katze
Danke liebe Helmut. Er war wirklich sein schöner Kater. Es freut mich, dass meine Worte dich berührt haben.