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Um das zu verstehen, braucht man kein Englisch |
Mit 8,6 Mio km² ist dieses Land, das gleichzeitig Kontinent ist, einfach riesig. Australien hat schlichtweg alles: üppige Regenwälder, wilde Berglandschaften, karges Outback, traumhafte Küsten, saftiges Weideland, sanfte Weinanbaugebiete und pulsierende Großstädte.
Auch nach vier Wochen und rund 4.000 mit dem Auto und 1.000 mit dem Flugzeug zurück gelegten Kilometern und zusammen genommen genauso vielen Fotos habe ich den Eindruck, nur an der Oberfläche dieses Landes gekratzt zu haben.
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Aaahhhh – wortlose Aufforderung zum Shoppen 🙂 |
Dennoch ist da das Gefühl, wenigstens einen Zugang bekommen zu haben. Nicht durch die kalorienzehrenden Wanderungen, die wundervoll langen Strandspaziergänge, das Bummeln durch die Städte und das absolut unvermeidbare Shopping, das Anfahren mindestens jedes zweiten Lookouts, das Stöbern im urigen General Store, das Durchprobieren exotischer Meeresfrüchte, die höchst amüsanten Weinverkostungen, das frisch erworbene Wissen um die evolutionäre Entwicklung der Glühwürmchen von North Tamborine und das Eintauchen ins lustvolle Grün der Regenwälder. Es ist einmal mehr die Landessprache, die mir das Gefühl gibt, Land und Leuten in dieser Zeit so nahe gekommen zu sein wie möglich.
Wie immer in englischsprachigen Ländern flutsche ich praktisch so hinein in die Sprache. Schon nach kurzer Zeit denke oder sage ich „Next turn right, then keep left“ oder „How about a coffee?“, ohne dass es mir wirklich bewusst ist. Ich reagiere automatisch wenn ich angesprochen werde und denke auch nicht nach, wenn ich nach etwas fragen muss. Ich mache einfach, wird schon irgendwie verstanden werden. Und so ist es auch.
Das Aussie-Englisch ist weit weniger gewöhnungsbedürftig als ich dachte, was aber vielleicht auch mit der Region zusammen hängt, die wir bereist haben (Victoria, New South Wales, Queensland). Der Australier zieht die Worte in die Länge, was dem Ausländer genügend Zeit gibt, zu interpretieren. Aus „unleaded gas“ für den Wagen wird hier „unladded“, „waves“ werden wie „wifes“ ausgesprochen und an der Supermarktkasse heißt es „Do you want your doggi?“ Hund? Doggibag? Gemeint ist sowas wie „document“, also die Quittung oder der Bon.
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Völlig harmloses LSD auf der Getränkekarte |
Überhaupt kürzen die Aussies total gerne ab. Sandwiches werden zu „Sachas“, ein Breakfast wird zu „Brecky“ und den traumhaften Nationalpark „Wilsons Promontory“ nennt man einfach nur „The Prom“. Bei der Abkürzung „LSD“ auf der Speisekarte habe ich dann aber doch etwas gestutzt. Die Auflösung ist so einfach wie logisch. Es handelt sich um einen „Latte Soy Decaf“, also einen entkoffeinierten Kaffee mit viel Sojamilch. Bleibt die Frage, wer das wirklich trinkt.
Würde der Engländer auf die Frage nach einer Weinempfehlung noch „Actually, I would recommend…“ oder „You may try…“ antworten, rät der Australier schnörkellos „Take a Chard, Honey.“ Von jemandem, der mich Honey nennt, würde ich durchaus auch mehr Ratschläge befolgen als den einen Chardonnay zu ordern.
Der Australier ist straight in seiner Sprache und nicht nur das. Er ist auch inhaltlich unverblümt, sagt was er denkt und das ist erfrischend, macht den Austausch so schön klar. Es wird nicht drum herum geredet. Herrlich!
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Sehr typisch: „No worries! Relax! Enjoy!“ |
Und … über Unwichtiges oder auch Unrichtiges wird großzügig hinweg gesehen. So geschehen bei folgendem verbalen Lapsus als ich im Coffeeshop wie folgt bestellte: „„One large latte please and a large long Jack.“ LONG JACK! Oh Mann! Die Dame hinter der Theke stutzte kurz, grinste und servierte das bestellte, nämlich einen großen „long black“, also schwarzen Kaffee. Und statt „Do you have free WiiF?“ habe ich auch schon mal nach „free HiFi“ gefragt. Nonchalent wurde mir das Passwort fürs kostenlose WLAN herübergereicht. No worries! Und das ist so ziemlich die häufigste Redewendung, die man überhaupt zu hören bekommt.
Ebenso häufig hört man als Begrüßung „Are you fine?“ und zur Verabschiedung „Have a nice day“, was auch schon mal zu „Have a“ abgekürzt wird. Wie gesagt… Das vielzitierte „G’day“ ist mir gar nicht so oft untergekommen.
Die Verständigung down under war also einfacher als gedacht, nur manchmal musste ich genau hinhören, z.B. beim „Raspberry Jam Sproud“ und erst als ich diese mind. 749 Kalorien zählende locker-flockige Hefeschnecke mit Brombeerfüllung und Puderzuckerhaube auf der Zunge spürte, wusste ich ganz genau, worum es sich handelte … wobei wir beim Thema „Essen“ sind.
Fortsetzung folgt
Text und Fotos: ©Andrea Steffen