Eine Stunde mit WW!

Ehrenhof Düsseldorf

Nein, ich habe nicht das dritte „w“ vergessen. Dann müsste es ja auch heißen: Eine Stunde IM www. Auch Weight Watchers ist nicht gemeint. Ich spreche von Wim Wenders und seiner fotografischen Ausstellung im Museum Kunstpalast. 

 

Er selbst bezeichnet seine Fotos übrigens als „Photographien“ von photo für Licht und graphien für Zeichnen, denn an sich wollte er Maler werden. Was draus geworden ist, ist erstaunlich. Erstaunlich gut, schreibe ich jetzt extra nicht. Wim Wenders ist ein Großer. Wie sollten seine Fotos da anders sein? 

 

Und genau das sind sie: anders. Ich stehe in der Ausstellung vor so manchem Bild und frage mich, wieso das Kunst ist. Spargelfelder in dieser Form habe ich sicherlich auch schon abgelichtet, aber nie käme ich auf die Idee, sie zu veröffentlichen. Und genau darin liegt die Kunst: Der Blick auf das Gewöhnliche, das doch besonders ist. 

Der gleichen Meinung ist eine Dame aus Amsterdam, mit der ich ins Gespräch komme. Fleißig lichtet sie jedes Bild ab. „Fotografieren ohne Blitz erlaubt“ – auch das ist genial an der Ausstellung und ein Grund noch mal mit der Kamera im Gepäck hinzugehen. 

 

Gewöhnlich sind auch die Fotos eines vereinsamten Städtchens in Montana. Bizarr ist das, die Perspektive wirkt. Man fühlt sich ganz verlassen beim Anblick.
Sonntagmorgen in einem amerikanischen Städtchen
Das Foto, das im Wald in der Nähe Fukushimas kurz nach der Reaktorkatastrophe entstanden ist, könnte auch aus dem Sauerland sein. Dass es das nicht ist, beweisen daneben hängende Fotos, auf denen Sinuskurven zu sehen sind, sichtbare Zeichen auf Zelluloid gebannter radioaktiver Strahlung, denn Wenders fotografiert kompromisslos analog, ohne Bildbearbeitung und Stativ. 

 

Einige der großformatigen Landschaftsbilder werden von poetischen Zitaten begleitet. Schuss- und Gegenschussfotos sind nebeneinander ausgestellt. Bezug und Perspektivwechsel werden für den Betrachter somit greifbar. Und immer wieder die Einsamkeit, die den Bildern entströmt.  

 

Kurz nach den Anschlägen vom September 2011 hat Wenders die Möglichkeit diesen infernalischen Ort abzulichten. Er fängt mit der Kamera einen Moment ein, in denen durch einen plötzlichen Sonnenstrahl das in den tiefen, schattigen Kratern liegende Ausmaß der Zerstörung in sanftes Licht getaucht und gewissermaßen an die Oberfläche der Realität gehoben wird. Wasserfontänen, um den Staub nicht in die Stadt zu wehen, zaubern Reflexe in die Luft. Erschöpfte Helfer stehen wie festgefroren und Kraft suchend mit den Gesichtern zur Sonne gewandt. Die Zeit steht still.  
Ground Zero – wie aus der Zeit gefallen

 

Diese Bilder sind unglaublich. Unglaublich gut und unglaublich berührend. 

 

Und selbst wenn ich keine Jahreskarte für das Museum Kunstpalast hätte und auch wenn ich nicht unbedingt mit der eigenen Kamera noch mal hinwollte, weil ich nur das Handy dabei hatte, ich würde diese Ausstellung ein zweites Mal besuchen. 

 

Infos: 

 

4 REAL & TRUE 2. Wim Wenders. Landschaften. Photographien.
bis 16. August 2015

Museum Kunstpalast
Kulturzentrum Ehrenhof
Ehrenhof 4-5
40479 Düsseldorf
T +49 (0)211-566 42 100 (Mo–Fr 8-18 Uhr)

Öffnungszeiten: Di-So 11–18 Uhr, Do 11-21 Uhr

Christi Himmelfahrt, 14.5.2015, 11–21 Uhr

Eintrittspreise: Erwachsene 12 Euro, Kinder und Jugendliche bis 17 Jahre – 1 Euro 

Und am Ende ein bisschen Blödsinn 😉

 

Text & Fotos: Andrea Steffen

Die Sache mit den Fotos und der Weile

 

Das mit den Fotos ist ja grundsätzlich so eine Sache. Das mit den Urlaubsfotos besonders. Natürlich nimmt man sich unmittelbar nach dem Urlaub vor, die Fotos zu sortieren, auszumisten und am besten noch zu bearbeiten. Vor allem ist die Erinnerung dann noch so frisch, dass man Ortsnamen, Kirchturmhöhen und Anzahl von am Abend konsumierten Gläschen Wein problemlos für Bildunterschriften aus dem Gedächtnis zitieren kann. Dann könnte man im Prinzip eine schöne Fotostrecke basteln und seinen Freunden brühwarm unter die Nase reiben, dass man mal wieder zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort mit den richtigen Leuten, der absolut richtigen Kamera und dem überaus richtigen Fotografenblick die allerallerschönsten Augenblicke des Jahres für die Ewigkeit festgehalten hat.
Soweit die Theorie.
Dass das nie klappt, weiß jeder. Ich auch! Theoretisch.

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