Meergleiche

 

Norderney – Historische Badewagen

Egal ob Domburg, Texel,  Fischland, Australien, Maine oder Norderney: Die Motive am Meer gleichen sich.

Meins
Sitzende Möwe auf Pfahl im Meer. Tief gleitende Möwe über vom Wind sacht bewegtem Dünengras. Schreiende Möwe trippelnd zwischen anbrandenden Wellenkämmen.
Oder Schafe. Auf, am, unterem Deich. Liegend, stehend, äsend. Trifft man eines auf dem Rücken liegend mit den Beinen nach oben strampelnd, sollte man versuchen es auf die Seite zu schubsen, damit es wieder aufstehen kann. Zum Dank kackt es einem auf die Schuhe. Genauso schon erlebt.
Und Meer. Blau, tiefblau, türkis, grün, schlammfarben, alle Farben auf einmal, abends auch gerne mal glutrot. Aufgewühlt, brausend, wellend, rauschend, schlafend, arschglatt oder gar nicht zu sehen wegen Nebel. Aber immer bis zum Horizont, wenn man auf der richtigen Inselseite steht.
Betreten verboten
Und Dünen. Betreten verboten, da schützenswert. Legt man sich mal rein, sollte man sich nicht erwischen lassen. Wenn man Glück hat, führen Holzstege oder gepflasterte Wege hindurch. Hat man Pech verbrennt man tausend Kalorien beim Marsch zwischen Fahrrad abstellen und Erreichen des ersten festen Untergrundes.
Der Strand ist auch immer irgendwie gleich. Leer, voll, kurz, lang, weit, hart, weich, weiß, sandfarben (toller Gag, was?), schwarz. Mit Dünen und ohne. Mit Strandkörben oder ohne. Mit Prielen und ohne. Mit Felsen im Wasser oder ohne.
Matjes mit Pelle
Und Fisch, lebendig und tot. In letzterem Zustand in allen Variationen: vom Matjes oder Kibbeling auf die Hand bis hin zu auf dem Lavagrill gedünsteten Jacobsmuscheln in Weißweinsud mit Aromen von Kerbel auf schwarzem Reis mit Ur-Karotte.
Wind ist auch immer da. Also echt immer. Das geht von zart an herrlichen Sonnentagen im Nacken zupfend bis extrem mit Regen gesättigt die Haare schier vom Schopf reißend. Vom bejubelten „Ach-wie-leicht-das-Radfahren-hier-ist-Rückenwind“ bis zum verhassten „Verdammt-immer-dreht-er-auf-der-Rücktour-Gegenwind.“ 

 

Wind und Wetter
So wie Wind ist auch immer Wetter. Schon mal so richtigen heftigen Sturm am Meer erlebt? Ist nicht lustig. Ich glaube, ich hatte selten so viel Schiss wie in dem Moment, als ich mich auf Island auf Knien am Strand von Stein zu Stein wieder ins Auto gerobbt habe, um nicht ins Meer geweht zu werden. Und ich habe selten so überschäumend gute Laune wie immer dann, wenn die Wolkenfront auffasert, die Sonne sich verschmitzt dazwischen schlawinert und dann Meer und Strand und alles mit Licht und Wärme flutet. 

 

Ach so, was ich eigentlich sagen will?
Ja, es ist immer irgendwie gleich. Nämlich gleich schön. Meer schwemmt mich mit blau, macht trunken, füllt mich mit Weite, macht mich großzügig und leicht und gelassen. Stellt Gleichgewicht wieder her.
Und wenn ich da bin, will ich nie mehr weg. Und wenn ich weg bin, will ich sofort wieder hin!

Text und Fotos: ©Andrea Steffen

Abendliches Farbspiel am Nordstrand von Norderney

 

Hinterm Horizont – Down under Teil 7

 

Eine der zwölf Aposteln an der Great Ocean Road

Als ich die türkis-blaue Bluse aus dem Koffer hole, weiß ich, dass es funktioniert. Die Bluse, gekauft weil sie mich an die Farben des Meeres erinnert, tut genau das: ich sehe das Meer vor mir. 

Einen Großteil unserer Reise ging es an der Küste entlang. Ich war schon oft am Meer, an verschiedenen Meeren, liebe das Meer und doch hat das in Australien eine andere Dimension. Dahinter kommt nämlich ganz ganz lange Zeit nichts. Ich stehe am Strand und kriege das ehrlich gesagt nicht auf die Kette.

12 Apostels – Great Ocean Road
Es gibt Strände in Australien, die sind 90 Meilen lang und hier läuft das Meer ungebremst aufs Land auf. Links und rechts verliert sich der hellgelbe breite, feste und extrem glatte Sandstreifen im leicht dunstigen Blau und geradeaus zieht ein scharfer Schnitt die Grenze zwischen hellblauem Himmel und tief dunkelblauem Meer. Kein Schiff, keine Insel, noch nicht mal ein Surfer. Nur Horizont.

Ich folge dieser Himmel-Meer-Grenze mit den Augen Richtung Strand und aus der schnurgeraden Linie erheben sich seichte Wogen, die sich immer näher zum Land zu riesigen Wellenbergen aufbauen. Da ist eine Wucht dahinter, eine Kraft, die einem wenn man bloß bis zur Hüfte ins Meer watet, die Füße wegzieht. Ich stehe da und denke „Wie geht das?“ Ja, ja, da war mal was mit Mondanziehung und Tide und logisch ist das ganz sicher, aber wenn man direkt davor steht, dann ist dieses Perpetum Mobile der Natur einfach ein großes Wunder.

Ein bisschen fachsimpeln, ehe man sich in die Fluten stürzt

 

Das Meer an der Great Ocean Road ist eisig kalt. Hier schnappen sich Anwälte und Dozenten in Neoprenanzügen ihre Surfboards von den Autodächern auf der Suche nach der perfekten Welle noch vor Morgengrauen. Wenn man Glück hat, gibt es am Strand eine Bude der Lifeguards, die bis max. 17 Uhr ernsthaft ihrem Dienst mit Fernglas und Flüstertüte nachgehen. Danach ist man auf sich gestellt. Geschwommen wird kaum, max. geplanscht und auch das oft nur im schützenden Neopren. An der ganzen Küste rund um Melbourne finden sich immer wieder einsame Strände, vereinzelte Möwen kreuzen mal den Weg und das war’s auch schon. Ich bin im Paradies.
Fundstücke an einsamen Stränden

 

Fundstücke an belebten Stränden

Die Strände rund um Sydney dagegen sind fast ein Kulturschock. Na klar, es ist Ferienzeit, Hochsaison, die Menschen tummeln sich im Wasser und an Land. Dafür ist das Wasser schön warm, hat fast Badewannentemperatur und sehen und gesehen werden wird hier lustvoll zelebriert. Das war mal interessant, ohne Zweifel, aber uns zieht es dann doch weiter in ruhigere Gefilde.

Famous Bondi Beach

Die Cold Coast ist ähnlich umtriebig, aber die Buchten sind weitläufiger, kilometerlang. Hier ist genug Platz für alle. Surfers Paradise muss man einfach gesehen haben. Auf der ellenlangen Promenade steppt der Bär, im Hintergrund eine Reihe von Hotel-Wolkenkratzern wie in einer Metropole und am Strand ist ein kleiner Bereich mit Fähnchen für die Schwimmer freigegeben. Wer sich außerhalb dieses Bereichs in die Fluten stürzt, wird auch schon mal mit dem Megaphone zurück gepfiffen. Die Lifeguards nehmen ihren Job ernst, verhelfen ihren Anweisungen Nachdruck, in dem sie mit ihren Pickups ans Wasser fahren und Leute dort rausholen. Links und rechts neben dem Schwimmerbereich wird gesurft, andere sitzen am Strand, fachsimpeln über die beste Bretterform und Tageszeit zum Surfen, cremen sich die Nasen mit Sunblocker ein, während daneben ein Vater mit seinen Kindern Wassertümpel buddelt. Sitzen und gucken, gucken und sitzen, sich ein bisschen sonnen und Fotos schießen und dann einfach mal 5 km in die eine Richtung laufen und 5 km wieder zurück. Herrlich!

Life guard on duty

Die Sunshine Coast rund um Brisbane ist dann wieder viel ruhiger. Unser Domizil am Peregian Beach ist nur einen Steinwurf vom 18 km langen Strand entfernt. Nach links oder rechts? Egal! Hauptsache gehen. Der Sand ist fest, der Strand ist breit und flach, die Wellen donnern mit Macht ans Ufer und kein Mensch außer uns ist zu sehen. Auf dem Rückweg begegnen uns zwei „Silver Surfer“, Taucherflossen und sowas wie ein Miniboard in der Hand. „Extremely busy today, isn’t it?“ scherzt einer von ihnen. Wir kommen ins Gespräch. Sie machen das täglich, nach draußen schwimmen mit den Flossen als Hilfe und sich dann mit dieser Art Fluke von den Wellen wieder an Land spülen lassen.

Surfers Paradise

Einmal mehr taste ich mit den Augen diese schnurgerade Linie zwischen Himmel und Wasser ab und denke „Respekt!“ Mir selbst reicht das Hüpfen und ein bisschen juchzen, wenn mich Landratte mal wieder eine Welle von den Beinen holt und mir eine Nasenspülung verpasst.

Herrlich einsamer Peregian Beach

Man muss wohl hier aufgewachsen sein, um das Meer so zu genießen wie die beiden drahtigen Mittsechziger. Die langen Strandspaziergänge sind mir genug, ein paar Muscheln zu sammeln und mit der Kamera Möven zu jagen und der Ohrwurm, der mich dauerhaft an der Küste begleitet.

Fortsetzung folgt

Text und Fotos: ©Andrea Steffen