Weihnachten is nich!

 

Weihnachten fällt aus. Dieses Jahr jedenfalls. Irgendwie logisch bei 35°C im Regenwald. Oder?  

Adventszeit fällt auch aus. Macht doch keinen Sinn, wenn man nur die Hälfte der Zeit da ist. Oder? 

Als es kürzlich klingelte und Volker vor der Tür stand, um wie jedes Jahr seinen Lions-Adventskalender an die Frau zu bringen, habe ich das erste Mal seit rund 15 Jahren mit dem Kopf geschüttelt. Lohnt nicht dieses Mal. Wir sind ja bald weg.

Und schmücken kann ich mir auch sparen. Oder?

Aber ohne Kerzen in der dunklen Jahreszeit? Geht irgendwie doch nicht. Also eine schöne Schale mit jeder Mengen Teelichtern bestückt. Das wärmt … Auge und Gemüt. 

Und Lichter am Fenster müssen doch auch sein, am besten mit Zeitschaltuhr. Geht ja nur darum, dass es an Weihnachten so aussieht, als sei jemand da. Oder?

Und wenn die Weihnachtskiste schon im Wohnzimmer steht, könnte man doch wenigstens die bronzefarbenen Sterne ans Fenster hängen und vielleicht den Kranz an die Tür und ein Engelchen aufs Fensterbrett. Vielleicht noch den süßen Elch in die Küche. Und den Leuchtstern ins Gästezimmer, zusammen mit den Wichteln? 

Und Weihnachtsmarkt? Das geht! Heißt ja seit neuestem Wintermarkt. Und Glühwein? Geht auch.  Oder Eierpunsch? Nee! BEIDES 🙂

Aber Plätzchen backe ich keine … bis zu dem Zeitpunkt, als eine Nachbarin vor der Tür steht, ihr Backofen gerade den Geist aufgegeben hat und so die allerfeinsten Vanillekipferl in unseren Ofen wandern und die Küche mit zartem Duft einhüllen. 

Ich beobachte – ach was – ich streichele das feine Gebäck mit Augen und Nase wie es langsam goldbraun wird. Hach!

Außerdem gibt es keinen Baum, keine Christmette, keine Geschenke?

Quatsch! Natürlich gibt es Geschenke; für die Patenkinder, für meine Herzensmenschen, die Lieben, die unsere Samtpfoten und unser Heim hüten … nur ein bisschen früher als sonst.  

Und deshalb raschel ich jetzt mit Papier und Kräuselband und Schleifen und Sternchenanhängern und summe „Schneeflöckchen, Weißröckchen“, schlürfe ein bisschen Glühwein vom Vorjahr und nasche diese unglaublich zarten Vanillekipferl von Luise. 

Ich genieße sie, diese schöne, heimelige, geheimnisvolle, lichterdurchflutete und genussvolle Vorweihnachtszeit – nur ein bisschen kürzer als sonst.

 

Text und Fotos: ©Andrea Steffen

 

 

Linksdrall

 

 

„Jetzt ist sie weg. Weg. Und ich bin wieder allein, allein…“. Dieser Ohrwurm verfolgt mich. So ein Quatsch. Ich bin weder allein und weg ist sie nur vorrübergehend, wenn auch verdammt lange.

Ich umklammere den Morgenkaffee und bin froh, heute frei zu haben. Der Abschied war ein Kraftakt. Die letzten Wochen auch irgendwie.

Ich gehe unter die Dusche … um sie zu schrubben.

Ich räume den Duschkorb aus. Balea Dingenskirchen gegen zauseliges Haar kann erst mal weg, ebenso das Gesichtswasser gegen fettige Haut. Den Zahnputzbecher annektiere ich, den wollte ich immer schon haben. Ebenso die Bodylotion. Der Bademantel geht in die Wäsche, die Handtücher auch.

Ich räume auf, ich räume um, schneide die Hecke, lösche Überweisungsvorlagen im Online-Banking. Ordnung muss sein. Muss?
Ordentlicher wird es werden. Finde ich gut. Ruhiger wird es auch werden. Finde ich nicht gut. 
Ihre Schlagfertigkeit, ihr Witz, ihr gnadenloser Humor, ihre Spontanität, die Diskussionen, ihre Leidenschaft und die Fähigkeit sich in Rage zu reden, die Gradlinigkeit, ihre hammerharte aber mittlerweile mit Diplomatie gewürzte Kritik, ihr ansteckendes Lachen, sogar ihre After-Heavy-Party-Laune vom Wochenende und vieles was ich noch gar nicht abschätzen kann, wird mir fehlen.
Mein Herz balanciert zwischen Stolz und Wehmut. Im Moment ist es einfach noch schwer. Linksdrall halt. 

 

Text © Andrea Steffen

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Einfach so!

Einfach so trudelte eine Mail ins Postfach. Ach, das ist doch nichts Besonderes wird jetzt jeder sagen. Doch! War es! Denn es war eine Einfach-so-Mail mit einer Verlinkung auf einen Kalender, der den 27. August als „Einfach-so-Tag“ auswies. 

 

Da war nachzulesen, dass …. Ach was, lest selbst!

 

Und ich fing an zu überlegen, was ich denn einfach so mal machen könnte, was mir aber viel zu zielgerichtet erschien. Erst mal antworte ich flugs dem lieben Sender. Dann sandte ich den Link weiter, einfach so. Und wartete auf Reaktionen.

Die kamen!

 

Antworten lauteten: „Ich freue mich einfach so auf meinen Urlaub ab morgen.“ Oder „Ich reiße jetzt die Zeichnung einfach so in 5 x 5 mm große Stück und setze sie wieder zusammen,  hi-hi!“  

 

Zwischenzeitlich ging ich einfach so  jemanden umarmen, der sich freute und kochte einfach so mal Kaffee, obwohl ich im Büro meist Tee oder Wasser trinke. 

 

Dann goss ich die Blumen meiner Kollegin. Einfach so und dachte, dass ich  einfach so mal wieder an den Rhein fahren sollte und Steine ins Wasser werfen könnte.

 

Die Mails flitzten einfach so hin und her, was ich erfrischend und belebend fand. Sogar derart, dass ich lauthals singend nach Feierabend nach Hause radelte. Ich beschallte die Felder mit „Touch me, touch me. I wanna feel your body. Your heart is next to mine!“ Einfach so! Und woher bitte kam diese in den 80igern verschüttete musikalische Geschmacksverirrung?
War einfach so da!  

 

Mittags schloss ich die Küche nach dem Kochen unaufgeräumt und dreckig hinter mir. Die Bügelwäsche legte ich einfach so beiseite und mich stattdessen auf die Terrasse in die Sonne.  

 

Und gegen Abend gab ich dann auf dem Rad ein zweites Mal Samantha Fox, weil mir danach war, strampelte der Sonne entgegen und legte meine ganz persönliche Bestzeit bis Anrath hin. Einfach so. 

 

Auf dem Rückweg – dieses Mal die Sonne im Rücken – setze ich mich einfach so neben ein Maisfeld und schaute den Heißluftballons zu, die scheinbar lautlos der Nacht entgegen schwebten. 

 

Kürzlich las ich, dass man als Burnout-Prävention einmal die Woche eine Art Ruhetag einführen sollte. Ich denke, den könnte man getrost durch einen Einfach-so-Tag ersetzen. 

 

Der war nämlich schön. Einfach so. 

 

Text und Foto:  ©Andrea Steffen 

 

 

 

 

 

Pflaume ist aus

„Pflaume ist aus“, ist das erste was ich höre als ich an die Theke meines Vertrauensbäckers trete. Aha. Pflaume ist also aus. Ich wollte auch gar keine Pflaume, ich wollte Brot. 7-Körner-Vollback-Bio-Dingenskirchen oder so.
Und wieso ist Pflaume überhaupt aus? Ich kenne „Licht ist aus“ oder „Der Ofen ist aus“. Ich kenne sogar „Es ist aus!!!“, was das Schlimmste allen Aus-Seins ist. Aber wie kann eine Pflaume aus sein? War sie jemals an? Wer hat sie ausgemacht oder vorher angemacht? Ich glaube, die meinen „Weil der Ofen aus ist, ist es die Pflaume auch.“ Ergo: Heute wird kein Pflaumenkuchen mehr gebacken. Mit dieser Erkenntnis und dem Superleckerschönbraunundknusprig-Brot mache ich mich von dannen.

Mein Fahrrad liegt vom Wind umgekippt auf dem Pflaster. Toll die Wurst! Ich hebe das Rad auf, schließe es auf, verlade meine Einkäufe und denke „Wieso toll die Wurst?“ Wo kommt dieser Ausdruck her? Kürzlich habe ich ihn irgendwo aufgeschnappt und seitdem geht er mir nicht mehr aus dem Kopf. Was ist toll an einer Wurst? Oder wieso ist gerade diese so toll? Was würde ein Vegetarier dazu sagen? Oder gar ein Schwein? Ich glaube, es heißt sogar bloß „tolle Wurst“. Und wenn ich jetzt immer „Toll DIE Wurst“ sage, sagen andere das jetzt auch?

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Ein Streifzug durch Brüssel 

 

Hotel gebucht, getankt, zwei Stunden Fahrt und schon ist man da. Brüssel ist praktisch um die Ecke. Umso erstaunlicher, dass wir diesem Mekka europäischer Parlamentarier bisher noch keinen Besuch abgestattet haben. 

Regen beim Manneken Pis
Der erste Eindruck: ruhig. Aber das täuscht, denn es ist Sonntag. Der zweite: laut und turbulent. Auch das täuscht, denn erstens ist nicht immer Summer Festival und zweitens gibt es abseits vom trubeligen Zentrum kleine feine und stille Fleckchen. Die sollten wir aber erst später entdecken. Der dritte: nass. Auch das stimmt nicht vollends, denn zwischendurch kam immer wieder die Sonne raus.

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