Moin!

Mehr braucht es hier nicht. Moin reicht. Morgens, mittags, abends.

Das ist praktisch und einfach. Wer ‚Moin Moin‘ sagt, sabbelt. So die gängige Meinung. Aber sabbeln die hier oben im Norden nicht?

Doch! Und wie. Die Bäckereiverkäuferin erzählt mir morgens mal eben kurz ihr halbes Lebens. Unser Vermieter ist immer gerne für einen Plausch offen. Seine Tochter auch. Von unserer Dachterrasse beobachte ich, wie ein Nachbar einen Riesentrumm von Surfboad in seinen kleinen Fiat zwängt. 2/3 des Board schauen aus dem Schiebedach.

Er dreht ein paar Runden und meint es würde gehen. Das erzählt er jedem, der es hören will. Und es will jeder aus der Nachbarschaft hören. Einer (ich glaube Ove), gibt seinen Senf dazu, erzählt noch eben von Oma Else ihrer Hüft-OP. Der andere (ich glaube Sönke), erzählt was von Semisinker und Funboard und erstmal ein Jever schlürfen. So geht das ne ganze Weile weiter. Klönschnack.

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Meergleiche

 

Norderney – Historische Badewagen

Egal ob Domburg, Texel,  Fischland, Australien, Maine oder Norderney: Die Motive am Meer gleichen sich.

Meins
Sitzende Möwe auf Pfahl im Meer. Tief gleitende Möwe über vom Wind sacht bewegtem Dünengras. Schreiende Möwe trippelnd zwischen anbrandenden Wellenkämmen.
Oder Schafe. Auf, am, unterem Deich. Liegend, stehend, äsend. Trifft man eines auf dem Rücken liegend mit den Beinen nach oben strampelnd, sollte man versuchen es auf die Seite zu schubsen, damit es wieder aufstehen kann. Zum Dank kackt es einem auf die Schuhe. Genauso schon erlebt.
Und Meer. Blau, tiefblau, türkis, grün, schlammfarben, alle Farben auf einmal, abends auch gerne mal glutrot. Aufgewühlt, brausend, wellend, rauschend, schlafend, arschglatt oder gar nicht zu sehen wegen Nebel. Aber immer bis zum Horizont, wenn man auf der richtigen Inselseite steht.
Betreten verboten
Und Dünen. Betreten verboten, da schützenswert. Legt man sich mal rein, sollte man sich nicht erwischen lassen. Wenn man Glück hat, führen Holzstege oder gepflasterte Wege hindurch. Hat man Pech verbrennt man tausend Kalorien beim Marsch zwischen Fahrrad abstellen und Erreichen des ersten festen Untergrundes.
Der Strand ist auch immer irgendwie gleich. Leer, voll, kurz, lang, weit, hart, weich, weiß, sandfarben (toller Gag, was?), schwarz. Mit Dünen und ohne. Mit Strandkörben oder ohne. Mit Prielen und ohne. Mit Felsen im Wasser oder ohne.
Matjes mit Pelle
Und Fisch, lebendig und tot. In letzterem Zustand in allen Variationen: vom Matjes oder Kibbeling auf die Hand bis hin zu auf dem Lavagrill gedünsteten Jacobsmuscheln in Weißweinsud mit Aromen von Kerbel auf schwarzem Reis mit Ur-Karotte.
Wind ist auch immer da. Also echt immer. Das geht von zart an herrlichen Sonnentagen im Nacken zupfend bis extrem mit Regen gesättigt die Haare schier vom Schopf reißend. Vom bejubelten „Ach-wie-leicht-das-Radfahren-hier-ist-Rückenwind“ bis zum verhassten „Verdammt-immer-dreht-er-auf-der-Rücktour-Gegenwind.“ 

 

Wind und Wetter
So wie Wind ist auch immer Wetter. Schon mal so richtigen heftigen Sturm am Meer erlebt? Ist nicht lustig. Ich glaube, ich hatte selten so viel Schiss wie in dem Moment, als ich mich auf Island auf Knien am Strand von Stein zu Stein wieder ins Auto gerobbt habe, um nicht ins Meer geweht zu werden. Und ich habe selten so überschäumend gute Laune wie immer dann, wenn die Wolkenfront auffasert, die Sonne sich verschmitzt dazwischen schlawinert und dann Meer und Strand und alles mit Licht und Wärme flutet. 

 

Ach so, was ich eigentlich sagen will?
Ja, es ist immer irgendwie gleich. Nämlich gleich schön. Meer schwemmt mich mit blau, macht trunken, füllt mich mit Weite, macht mich großzügig und leicht und gelassen. Stellt Gleichgewicht wieder her.
Und wenn ich da bin, will ich nie mehr weg. Und wenn ich weg bin, will ich sofort wieder hin!

Text und Fotos: ©Andrea Steffen

Abendliches Farbspiel am Nordstrand von Norderney

 

Hinterm Horizont – Down under Teil 7

 

Eine der zwölf Aposteln an der Great Ocean Road

Als ich die türkis-blaue Bluse aus dem Koffer hole, weiß ich, dass es funktioniert. Die Bluse, gekauft weil sie mich an die Farben des Meeres erinnert, tut genau das: ich sehe das Meer vor mir. 

Einen Großteil unserer Reise ging es an der Küste entlang. Ich war schon oft am Meer, an verschiedenen Meeren, liebe das Meer und doch hat das in Australien eine andere Dimension. Dahinter kommt nämlich ganz ganz lange Zeit nichts. Ich stehe am Strand und kriege das ehrlich gesagt nicht auf die Kette.

12 Apostels – Great Ocean Road
Es gibt Strände in Australien, die sind 90 Meilen lang und hier läuft das Meer ungebremst aufs Land auf. Links und rechts verliert sich der hellgelbe breite, feste und extrem glatte Sandstreifen im leicht dunstigen Blau und geradeaus zieht ein scharfer Schnitt die Grenze zwischen hellblauem Himmel und tief dunkelblauem Meer. Kein Schiff, keine Insel, noch nicht mal ein Surfer. Nur Horizont.

Ich folge dieser Himmel-Meer-Grenze mit den Augen Richtung Strand und aus der schnurgeraden Linie erheben sich seichte Wogen, die sich immer näher zum Land zu riesigen Wellenbergen aufbauen. Da ist eine Wucht dahinter, eine Kraft, die einem wenn man bloß bis zur Hüfte ins Meer watet, die Füße wegzieht. Ich stehe da und denke „Wie geht das?“ Ja, ja, da war mal was mit Mondanziehung und Tide und logisch ist das ganz sicher, aber wenn man direkt davor steht, dann ist dieses Perpetum Mobile der Natur einfach ein großes Wunder.

Ein bisschen fachsimpeln, ehe man sich in die Fluten stürzt

 

Das Meer an der Great Ocean Road ist eisig kalt. Hier schnappen sich Anwälte und Dozenten in Neoprenanzügen ihre Surfboards von den Autodächern auf der Suche nach der perfekten Welle noch vor Morgengrauen. Wenn man Glück hat, gibt es am Strand eine Bude der Lifeguards, die bis max. 17 Uhr ernsthaft ihrem Dienst mit Fernglas und Flüstertüte nachgehen. Danach ist man auf sich gestellt. Geschwommen wird kaum, max. geplanscht und auch das oft nur im schützenden Neopren. An der ganzen Küste rund um Melbourne finden sich immer wieder einsame Strände, vereinzelte Möwen kreuzen mal den Weg und das war’s auch schon. Ich bin im Paradies.
Fundstücke an einsamen Stränden

 

Fundstücke an belebten Stränden

Die Strände rund um Sydney dagegen sind fast ein Kulturschock. Na klar, es ist Ferienzeit, Hochsaison, die Menschen tummeln sich im Wasser und an Land. Dafür ist das Wasser schön warm, hat fast Badewannentemperatur und sehen und gesehen werden wird hier lustvoll zelebriert. Das war mal interessant, ohne Zweifel, aber uns zieht es dann doch weiter in ruhigere Gefilde.

Famous Bondi Beach

Die Cold Coast ist ähnlich umtriebig, aber die Buchten sind weitläufiger, kilometerlang. Hier ist genug Platz für alle. Surfers Paradise muss man einfach gesehen haben. Auf der ellenlangen Promenade steppt der Bär, im Hintergrund eine Reihe von Hotel-Wolkenkratzern wie in einer Metropole und am Strand ist ein kleiner Bereich mit Fähnchen für die Schwimmer freigegeben. Wer sich außerhalb dieses Bereichs in die Fluten stürzt, wird auch schon mal mit dem Megaphone zurück gepfiffen. Die Lifeguards nehmen ihren Job ernst, verhelfen ihren Anweisungen Nachdruck, in dem sie mit ihren Pickups ans Wasser fahren und Leute dort rausholen. Links und rechts neben dem Schwimmerbereich wird gesurft, andere sitzen am Strand, fachsimpeln über die beste Bretterform und Tageszeit zum Surfen, cremen sich die Nasen mit Sunblocker ein, während daneben ein Vater mit seinen Kindern Wassertümpel buddelt. Sitzen und gucken, gucken und sitzen, sich ein bisschen sonnen und Fotos schießen und dann einfach mal 5 km in die eine Richtung laufen und 5 km wieder zurück. Herrlich!

Life guard on duty

Die Sunshine Coast rund um Brisbane ist dann wieder viel ruhiger. Unser Domizil am Peregian Beach ist nur einen Steinwurf vom 18 km langen Strand entfernt. Nach links oder rechts? Egal! Hauptsache gehen. Der Sand ist fest, der Strand ist breit und flach, die Wellen donnern mit Macht ans Ufer und kein Mensch außer uns ist zu sehen. Auf dem Rückweg begegnen uns zwei „Silver Surfer“, Taucherflossen und sowas wie ein Miniboard in der Hand. „Extremely busy today, isn’t it?“ scherzt einer von ihnen. Wir kommen ins Gespräch. Sie machen das täglich, nach draußen schwimmen mit den Flossen als Hilfe und sich dann mit dieser Art Fluke von den Wellen wieder an Land spülen lassen.

Surfers Paradise

Einmal mehr taste ich mit den Augen diese schnurgerade Linie zwischen Himmel und Wasser ab und denke „Respekt!“ Mir selbst reicht das Hüpfen und ein bisschen juchzen, wenn mich Landratte mal wieder eine Welle von den Beinen holt und mir eine Nasenspülung verpasst.

Herrlich einsamer Peregian Beach

Man muss wohl hier aufgewachsen sein, um das Meer so zu genießen wie die beiden drahtigen Mittsechziger. Die langen Strandspaziergänge sind mir genug, ein paar Muscheln zu sammeln und mit der Kamera Möven zu jagen und der Ohrwurm, der mich dauerhaft an der Küste begleitet.

Fortsetzung folgt

Text und Fotos: ©Andrea Steffen

Windstille

 

 

Nur noch eine kleine Anhöhe. Die Schafe liegen im morgennassen Gras, mahlen mit ihren Unterkiefern und beäugen uns. Direkt daneben mit der Kruppe gen Meer eine große Herde Shettys, allesamt dunkelbraun, ruhig wie ein Scherenschnitt. Ein ganz leichter Frühnebel liegt noch auf dem Grünstreifen zwischen Weiden und Dünen und als der Schwarm schnatternder Gänse im Landeanflug im weichen Grau verschwindet, kriecht eine Gänsehaut mein Rückgrat rauf. „The Fog“ lässt grüßen. 

 

Aber schon ein paar Schritte weiter oben am höchsten Punkt der Düne ist diese Gefühl wie weggewischt. Die See liegt glatt zu unserem Füßen, der Strand lang und breit. Es ist Ebbe, auch an Menschen. 

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Miguel Molto English

Lieblings-Trattoria

Sardinien empfängt uns mit einer noch milchigen Morgensonne und wir falten uns in den gemieteten Fiat Punto, um unser Hotel kurvenreich anzusteuern. Der erste Gang durchs Örtchen Villasimius ist langsam. Unglaublich langsam. Schön langsam.

Piano!

Das Geplauder der Hausfrauen auf dem Bürgersteig ist italienische Oper in den Ohren, die Palmwedel winken mir ganz persönlich zu, die Sonne wärmt angenehm den Nacken und der Wind zauselt sofort eine Urlaubsfrisur.

Molto bene!

 

Hier kommt der Genuss
Wir steuern die Trattoria in der Ortsmitte, die für den Rest des Urlaubs gleich die Lieblingstrattoria bleibt, für einen ersten Cappuccino an.

Bravo.

Mit dem Ober verständigt man sich mit Handzeichen und Spanisch. Englisch ist hier nicht. Braucht man nicht. Wozu hat der Mensch Hände und eine ausgeprägte Mimik?

 

Im Tante-Emma-Laden allerdings wird es dann doch was knifflig. Der durstige Tourist kauft Wasser (con gaz, da hilft das Spanisch wieder) und sieht sich einem hölzernen Regal voller einladender Weinflaschen gegenüber. Naturalemente! Ein Wein zum Sonnenuntergang ist ein Muss im Urlaub.

 

Öffner. Was heißt Öffner auf Italienisch? Auf Spanisch? Keinen blassen Schimmer.

Non ho capito.

 

Einmal pro Woche kommt Luigi mit dem Laster
Ich gebe mein Bestes, ahme das Öffnen des Weins nach, intoniere „Plopp-plopp“ und anschließend „Gluck-gluck.“ Die Verkäuferin guckt interessiert. Das hilft nicht wirklich. Sie ruft „La Mama“, die wiederum „La Nonna“ ruft.

 

Alle kommen aus sämtlichen Ecken des Minimarktes herbei. Ich lege mich noch mehr ins Zeug, schlucke, gluckse, schraube, ziehe in die Luft, ploppe und mache „Ah!“ Alle gucken. Ratlos. Der Raum ist gefüllt mit Fragezeichen bis plötzlich La Nonna den rechten Zeigefinger in die Luft schießt und ruft „Miguel, ah, si, subito!“

 

Auf der Piazza hat man Zeit, als 100-jähriger sowieso
Grazie a Dio!

 

Oma, Mutter und Enkeltochter bilden eine Kette durch den Laden und vorbei an Pasta, Pomodori, Pecorino und Pollo setzt sich in Wellen der Ruf „Miguel, pronto, pronto“ fort.

 

Langsam teilt sich ein dunkelgrüner, schon recht verschlissener Vorhang in der hintersten Ecke des langgezogenen Raums. Heraus tritt ein baumlanger, etwas pickeliger Jüngling und schlurft vorbei an Biscotti und Bananas. Von den weiblichen Familienmitgliedern wird er mit Anfeuerungsrufen und ausholenden Handbewegungen in unsere Richtung bugsiert. Er bleibt vor uns stehen, während sich die Damenmannschaft um uns formiert.

 

Auftritt Miguel!
TukTuk

Die Großmutter schaut uns begeistert an und präsentiert mit nach oben gerichteten Handflächen und einem breiten Grinsen: „Ecco mio Miguel. Miguel, molto English!“

Sehr schön, ein englischsprechender Italiener mir spanischem Vornamen. Wir sind genauso begeistert wie La Nonna. Unsere Frage nach einem Weinöffner beantwortet das hoch aufgeschossene Sprachwunder mit einem ebenso lapidaren wie klaren „No!“, dreht sich um und schlurft zurück hinter den Vorhang.

 

Abgang Miguel Molto English.

 

Nun denn, der Wein wandert zurück ins Regal. Wir lassen uns noch ein Gesöff von La Mama in einer Plastikflasche für 4,50 € andrehen, das sich später als selbstgebrannter Hirnzellenvernichter erweist und fahren von dannen.

 

Aber egal. Miguel Molto English wird uns in Erinnerung bleiben!

Ciao giovincello!

 

Text und Fotos: ©Andrea Steffen

 

Samstagsmarkt in Villasimius